Samstag, 12. Juli 2008

Offener Brief zum Bildungsgipfel

Nachfolgend ein Abschnitt aus einem Rundschreiben von Jörg Großelümern, Netzwerk Bildungsfreiheit, zur Ankündigung eines Offenen Briefes an Bundesbildungsministerin Schavan, und der Offene Brief, der auf der Website des Netzwerkes Bildungsfreiheit noch unterzeichnet werden kann:

Liebe Freunde der Bildungsfreiheit,

die Bundesregierung hat vor einigen Wochen einen Bildungsgipfel angeregt. Aus diesem Anlaß, sowie zum 70. Jahrestag des deutschen Schulzwangs, ist bei uns im Netzwerk durch Dagmar Neubronner die Idee entstanden, einen offenen Brief an Bundesbildungsministerin Frau Dr. Annette Schavan zu verfassen, der neben dem NBF auch von einer möglichst breiten Anzahl an Unterstützern unterschrieben werden sollte. Darin wird kritisch nachgefragt, warum einzig in Deutschland außerschulische Bildungsformen unterdrückt werden. Dieser Brief ist heute per Post an Frau Dr. Schavan abgeschickt worden. Wir konnten bei dieser Gelegenheit auch schon eine ganze Reihe von Erstunterzeichnern dafür gewinnen.

Wir dokumentieren diesen Brief und die Erstunterzeichner auf der folgenden Website: http://www.netzwerk-bildungsfreiheit.de/html/offener_brief_schavan.html
Dort ist auch die Möglichkeit den Brief nachträglich zu unterzeichnen und damit seine Unterstützung zum Ausdruck zu bringen.


Offener Brief:


Bundesministerium für Bildung und Forschung
Frau Ministerin
Dr. Annette Schavan
-persönlich-
Hannoversche Straße 28-30
10115 Berlin

Sehr geehrte Frau Ministerin,

anlässlich des von Ihnen vorbereiteten Bildungsgipfels möchten wir mit vielen anderen betroffenen Familien auf eine Besonderheit des deutschen Schulsystems hinweisen, die in der öffentlichen Debatte um die Schulmisere bisher zuwenig Berücksichtigung findet:
In Deutschland wird die Schulpflicht seit 1938 als Schulzwang aufgefasst, der keine Bildungsalternativen zulässt. Dieses Instrument, bei dem alle Kinder und Jugendlichen dem Zwang zur physischen Anwesenheit in einem Schulgebäude unterliegen, trägt modernen Bildungserfordernissen in einer Informationsgesellschaft nicht mehr Rechnung und verhindert durch das staatliche Bildungsmonopol die notwendige schnelle Wandlung der Bildungsangebote.

In sämtlichen anderen europäischen Ländern und fast allen entwickelten Staaten weltweit (!) steht Schülern neben den privaten Schulen auch die Möglichkeit des „Distance Learning“ oder Freien Lernens mit Hilfe von Fernschulen und „Umbrella Schools“ zu Gebote. Diese Möglichkeit ist besonders angesichts zunehmend verlangter Mobilität für viele Familien wichtig. Deutsche Kinder haben diese Option aber nur, wenn sie im Ausland leben, prominent sind (siehe Brüder Kaulitz von der Jugendband Tokio Hotel) oder schulisch bereits vollkommen gescheitert (Flex-Fernschule in Baden-Württemberg oder Web-Individualschule in Bochum, Erfolgsquote 100 %).

Eine Erweiterung des Bildungsangebotes in Deutschland um diese modifizierte Form der Schulpflichterfüllung würde nicht nur diesen Familien helfen, die derzeit leider meist gezwungen sind, wie wir ins Ausland abzuwandern. Sie würde auch einen gesunden Konkurrenzdruck erzeugen und so mithelfen, unser Schulen schnell zu Orten zu machen, an denen gut und gerne gelernt wird. Ein Monopol hat noch nie zur Qualitätserhöhung beigetragen.

Die hervorragenden Ergebnisse des Freilernens für Lernen und Sozialisation können anhand zahlreicher Studien aus verschiedenen Ländern (außer Deutschland) eindeutig belegt werden. Die ungerechtfertigte Kriminalisierung des Freilernens führt nicht zu einem Eindämmen dieser erfolgreichen Lernform, sondern zu einer Abwanderung der an dieser Lernform interessierten Familien ins Ausland.

Wir haben den Eindruck, dass der Widerstand der Landesbehörden hauptsächlich auf Unkenntnis über die internationale Lage und unhaltbare Vorurteile über die Folgen einer Legalisierung zurückgeht. Dies möchten wir gern ändern und bitten Sie daher, uns anlässlich des Bildungsgipfels und im Vorfeld die Möglichkeit dazu zu geben.

Wir freuen uns auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Neubronner / Diplom Biologin und Buchautorin „Die Freilerner“
Kuratorium Netzwerk Bildungsfreiheit

(und weitere Erstunterzeichner)

Keine Kommentare: