Montag, 21. Juli 2008

Bildungsrecht statt Schulbesuchspflicht

Es gibt zwei weitere Buttons, wiederum von Martina Middeldorf entworfen:


Die Originalvorlagen können über Email angefordert und zur Fertigung von Buttons oder Stickers verwendet werden.

Samstag, 12. Juli 2008

Offener Brief zum Bildungsgipfel

Nachfolgend ein Abschnitt aus einem Rundschreiben von Jörg Großelümern, Netzwerk Bildungsfreiheit, zur Ankündigung eines Offenen Briefes an Bundesbildungsministerin Schavan, und der Offene Brief, der auf der Website des Netzwerkes Bildungsfreiheit noch unterzeichnet werden kann:

Liebe Freunde der Bildungsfreiheit,

die Bundesregierung hat vor einigen Wochen einen Bildungsgipfel angeregt. Aus diesem Anlaß, sowie zum 70. Jahrestag des deutschen Schulzwangs, ist bei uns im Netzwerk durch Dagmar Neubronner die Idee entstanden, einen offenen Brief an Bundesbildungsministerin Frau Dr. Annette Schavan zu verfassen, der neben dem NBF auch von einer möglichst breiten Anzahl an Unterstützern unterschrieben werden sollte. Darin wird kritisch nachgefragt, warum einzig in Deutschland außerschulische Bildungsformen unterdrückt werden. Dieser Brief ist heute per Post an Frau Dr. Schavan abgeschickt worden. Wir konnten bei dieser Gelegenheit auch schon eine ganze Reihe von Erstunterzeichnern dafür gewinnen.

Wir dokumentieren diesen Brief und die Erstunterzeichner auf der folgenden Website: http://www.netzwerk-bildungsfreiheit.de/html/offener_brief_schavan.html
Dort ist auch die Möglichkeit den Brief nachträglich zu unterzeichnen und damit seine Unterstützung zum Ausdruck zu bringen.


Offener Brief:


Bundesministerium für Bildung und Forschung
Frau Ministerin
Dr. Annette Schavan
-persönlich-
Hannoversche Straße 28-30
10115 Berlin

Sehr geehrte Frau Ministerin,

anlässlich des von Ihnen vorbereiteten Bildungsgipfels möchten wir mit vielen anderen betroffenen Familien auf eine Besonderheit des deutschen Schulsystems hinweisen, die in der öffentlichen Debatte um die Schulmisere bisher zuwenig Berücksichtigung findet:
In Deutschland wird die Schulpflicht seit 1938 als Schulzwang aufgefasst, der keine Bildungsalternativen zulässt. Dieses Instrument, bei dem alle Kinder und Jugendlichen dem Zwang zur physischen Anwesenheit in einem Schulgebäude unterliegen, trägt modernen Bildungserfordernissen in einer Informationsgesellschaft nicht mehr Rechnung und verhindert durch das staatliche Bildungsmonopol die notwendige schnelle Wandlung der Bildungsangebote.

In sämtlichen anderen europäischen Ländern und fast allen entwickelten Staaten weltweit (!) steht Schülern neben den privaten Schulen auch die Möglichkeit des „Distance Learning“ oder Freien Lernens mit Hilfe von Fernschulen und „Umbrella Schools“ zu Gebote. Diese Möglichkeit ist besonders angesichts zunehmend verlangter Mobilität für viele Familien wichtig. Deutsche Kinder haben diese Option aber nur, wenn sie im Ausland leben, prominent sind (siehe Brüder Kaulitz von der Jugendband Tokio Hotel) oder schulisch bereits vollkommen gescheitert (Flex-Fernschule in Baden-Württemberg oder Web-Individualschule in Bochum, Erfolgsquote 100 %).

Eine Erweiterung des Bildungsangebotes in Deutschland um diese modifizierte Form der Schulpflichterfüllung würde nicht nur diesen Familien helfen, die derzeit leider meist gezwungen sind, wie wir ins Ausland abzuwandern. Sie würde auch einen gesunden Konkurrenzdruck erzeugen und so mithelfen, unser Schulen schnell zu Orten zu machen, an denen gut und gerne gelernt wird. Ein Monopol hat noch nie zur Qualitätserhöhung beigetragen.

Die hervorragenden Ergebnisse des Freilernens für Lernen und Sozialisation können anhand zahlreicher Studien aus verschiedenen Ländern (außer Deutschland) eindeutig belegt werden. Die ungerechtfertigte Kriminalisierung des Freilernens führt nicht zu einem Eindämmen dieser erfolgreichen Lernform, sondern zu einer Abwanderung der an dieser Lernform interessierten Familien ins Ausland.

Wir haben den Eindruck, dass der Widerstand der Landesbehörden hauptsächlich auf Unkenntnis über die internationale Lage und unhaltbare Vorurteile über die Folgen einer Legalisierung zurückgeht. Dies möchten wir gern ändern und bitten Sie daher, uns anlässlich des Bildungsgipfels und im Vorfeld die Möglichkeit dazu zu geben.

Wir freuen uns auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Neubronner / Diplom Biologin und Buchautorin „Die Freilerner“
Kuratorium Netzwerk Bildungsfreiheit

(und weitere Erstunterzeichner)

Sonntag, 6. Juli 2008

6. Juli 2008: 70 Jahe Schulzwang in Deutschland

Zum ersten Schulzwang-Gedenktag am heutigen Sonntag, den 6. Juli 2008, hat das Netzwerk Bildugsfreiheit eine Presseerklärung herausgegeben, die Sie nachfolgend lesen können:

Frei lernt es sich besser

70 Jahre Schulzwang sind genug – ein Relikt hat sich überlebt

Als am 6. Juli 1938 die nationalsozialistische Führung unter Adolf Hitler und Reichsminister Dr. Rust in Berchtesgaden das Reichsschulpflichtgesetz unterzeichnete, konnte sie nicht ahnen, dass die wesentlichen Bestandteile dieses Gesetzes auch 70 Jahre danach noch ihre Gültigkeit haben würden. Mit dem Untergang des vermeintlich „tausendjährigen Reiches“ verschwanden zwar die meisten Gesetze und Verordnungen aus jener Zeit, der europaweit einmalige deutsche Schulzwang, der es dem Staat ermöglicht, Schüler mit Hilfe der Polizei und notfalls unter Einsatz von Gewalt der Schule zuzuführen, blieb unverändert. Die Schulgesetze der meisten Bundesländer übernahmen den Paragraphen fast wörtlich in ihre Gesetzgebung.

Der 6. Juli 1938 stellte eine historische Zäsur dar, waren doch bis zu diesem Tag auch schulfreie, alternative Bildungswege möglich und wurden, wenn auch in bescheidenem Maße, praktiziert. Obwohl 1717 in Preußen die Schulpflicht eingeführt wurde, konnte man in der Reichsverfassung vom 28.3.1849 noch lesen: „Der häusliche Unterricht unterliegt keiner Beschränkung“. Die bestehende Schulpflicht wurde bis 1938 immer im Sinne einer Unterrichtspflicht verstanden und ließ Ausnahmen zu. Die meisten demokratisch verfassten Staaten der Welt kennen daher bis heute keinen Schulzwang, sondern praktizieren eine Bildungspflicht, die Raum für eine Vielzahl von Alternativen bietet, wie Kinder heute lernen.

Der im Kern gewalttätige Schulzwang hat in Deutschland solch abstruse Blüten getrieben, dass 2007 die 15-jährige Tochter einer vorbildlichen Erlanger Familie zwangsweise mit einem Großaufgebot an Polizei und Jugendamt in die Psychiatrie verbracht wurde. Ihr Vergehen: Sie wurde zu Hause individuell unterrichtet und gefördert, statt weiter die öffentliche Schule zu besuchen, wo ihr das Lernen zunehmend Schwierigkeiten bereitete.

Die Akademikerfamilie Dudek aus dem hessischen Archfeld wird ihre Vorliebe für freie Bildungsformen in Kürze mit Gefängnis bezahlen müssen. Der älteste Sohn lernte zwar zu Hause so gut, dass er jetzt seinen Realschulabschluss als Klassenbester mit der Note 1,1 absolvierte, der Geist des Reichsschulpflichtgesetzes forderte jedoch seinen Tribut in Form von je 3 Monaten Haft für Vater und Mutter.

Andere Freilernerfamilien verlassen Deutschland und ihr gewohntes Umfeld, erfreuen sich aber nun der wiedergewonnen Freiheit in unseren europäischen Nachbarstaaten.

Dass eine Atmosphäre des Zwangs und Drucks kein nachhaltiges, erfolgreiches Lernen fördert, ist in der Fachwelt mittlerweile unumstritten. Dass deutsche Bildungspolitiker unter allen Umständen auf der Präsenz in einem Schulgebäude bestehen, obwohl Lernen an anderen Orten und anderen Umständen häufig mindestens genauso gut, wenn nicht besser gelingt, ist weder nachvollziehbar noch zeitgemäß.

Es ist an der Zeit, eindeutige Vorgaben des UN-Sonderbeauftragten Vernor Munoz umzusetzen, der bei seinem Besuch in Deutschland gefordert hatte, dass „Bildung nicht auf reine Schulanwesenheit reduziert werden darf“. Vielmehr seien „Fernlehrmethoden und Homeschooling .... gültige Optionen..., die unter bestimmten Umständen weiterentwickelt werden können.“

Das Netzwerk Bildungsfreiheit fordert den deutschen Schulzwang nach 70 Jahren endgültig zu beerdigen und die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass vielfältige schulische und schulfreie Bildungswege möglich werden, die zueinander in Konkurrenz treten und sich gegenseitig bereichern. Wir halten Freiheit und Vielfalt anstelle von staatlichen Monopolen für den besten Ausweg aus der deutschen Bildungsmisere. Bundeskanzlerin Merkels Motto „Mehr Freiheit wagen“ sollte endlich auch für den Bildungsbereich gelten.

Das "Netzwerk Bildungsfreiheit" ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Organisationen, Elterninitiativen und Einzelpersonen, denen das Recht auf freien Zugang zur Bildung, freie Wahl und freie Gestaltung des individuellen persönlichen Bildungsweges unter Zuhilfenahme öffentlicher wie privat initiierter Ressourcen ein Anliegen ist.


Weitere Informationen dazu finden Sie auf dieser Sonderseite des Netzwerkes Bildungsfreiheit.

Einen offenen Brief zum Schulzwang-Gedenktag finden Sie auf dem Marksteine-Blog.